Das Packritual heute Morgen absolvierten wir mittlerweile routiniert, sodass wir die Bikes gut gesattelt um 9.30 Uhr besteigen konnten. Melanie hatte sofort ihren inneren Turbo eingeschaltet, sodass sie wie ein Pfeil durch den Montagmorgen- Berufsverkehr schoss. Ich musste hochkonzentriert dem Zickzackkurs folgen und hatte nicht mal die Chance ein Foto vom Wasserturm, dem Wahrzeichen “Monnems”, zu machen.
Bei der Fahrt durch die Mannheimer Quadrate ( Hier könnte man fast Schach im Großformat spielen, so wie die Planstadt konzipiert wurde!) musste ich schmunzelnd an Herrn Drais denken. Er war es, der 1817 erstmals mit seiner Laufmaschine, der Draisine, durch Mannheim fuhr. Was würde er wohl dazu sagen, wenn er so eine Hightechmaschine von heute sehen würde, die sogar Motorantrieb hat?! Gerne hätte ich mich auf die Spuren von Karl Drais bis nach Schwetzingen begeben, aber Melanie wollte keine Umwege in Kauf nehmen. Aber Murphys Gesetz besagt, dass alles schief geht, was schief gehen kann. So war es auch bei uns. Melanie lotste uns durch Mannheims Hafengebiet, welches den rauen und ungeschminkten Charme Mannheims offerierte, um uns auf Kurs Richtung Worms zu bringen. Leider mussten wir hierzu den Altrhein überqueren und die Fähre, die uns dabei behilflich sein sollte, fährt montags nicht. Somit mussten wir einen Umweg von 10 Kilometern in Kauf nehmen, der über holprige Asphaltwege führte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich dennoch noch ein tolles Gefühl mit meinem Bike gen Frankfurt zu radeln. Aber auch diese Freude wurde schnell getrübt, weil wir vor die Aufgabe gestellt wurden, den Neckar zu überqueren. Um auf Höhe zu kommen, mussten wir die Räder auf eine Brücke hieven. Ich traute meine Augen nicht, als ich die vielen Stufen mit einer Schiebehilfe für Räder sah. Das konnte nicht wahr sein. Dieser Kraftakt hinterließ ein riesiges Energieloch. Wenn man gleich am dritten Tag der langen Reise einmal längs durch Deutschland vor solch eine Mammutprobe gestellt wird, dann zehrt das an den Kräften. Oben auf der Brücke angekommen, befanden wir uns inmitten einer Baustelle auf der Autobahn. Ich rieb meine Augen, aber das Bild blieb, wir fuhren ein Sück die Autobahn entlang. Bis Worms ließ es sich sehr gemütlich fahren. In der Domstadt angekommen, besichtigten wir denn auch den Sakralbau. Nach dem kurzen Sightseeing ließen wir Worms schnell hinter uns und der Blick gab eine idyllische Landschaft frei. Links lagen Rebhänge und rechts Zwiebelfelder. Der Zwiebelgeruch wurde von Kohlduft abgelöst. Gnadenlos brannte dabei die Sonne von einem wolkenlosen Himmel auf uns herunter. Nach einer ausgedehnten Mittagspause im malerischen Ort Oppenheim tauchte die bange Frage auf, wie kommen wir auf die andere Rheinseite? Zum Glück beförderte uns dieses Mal eine Fähre. Über flaches Land hinweg radelten wir Kilometer um Kilometer, der innere Akku verlor immer mehr an Energie. Bis zum Erreichen Darmstadts hatte ich alle meine Beinmuskeln kennengelernt, selbst diese, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, fast untrainiert so ein Projekt zu starten? Aber um von XXL wegzukommen, muss man manchmal unkonventionelle Wege gehen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf radelte ich weiter, immer dem rotweißenPunkt (Tagestrikot heute in der Farbe Rot) in Form der menschlichen Silhouette namens Melanie folgend, der die lange Strecke anscheinend nichts anhaben konnte. Ich forderte 27 Kilometer vor Frankfurt eine Pause ein. So saßen wir vespernd auf dem Gehsteig und luden im Supermarkt gegenüber erneut die Akkus der Bikes auf. Zu unserer Freude führten die letzten 15 Kilometer durch Waldgebiete, die uns kühlere Temperaturen bescherten. Froh waren wir aber dennoch beide, als die Skyline Frankfurts in der untergehende Abendsonne vor unseren Augen auftauchte. Es lagen nämlich 130 Kilometer hinter uns.